Karl Nehammer im Gespräch

Karl Nehammer im Gespräch

Claudia Plakolm: Wir teilen den Ansatz sehr stark, dass sich Leistung lohnen muss bzw. dass die Fleißigen sich auch etwas leisten können müssen. Dieser Leistungsgedanke ist ein ganz zentraler Punkt im Österreichplan. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Leistungsanreize für fleißige junge Leut‘, die wir setzen sollten?

Karl Nehammer: Im Grunde ist es ganz einfach: Wer etwas leistet, soll mehr davon haben. Arbeit hat einen Wert, sie ist sinnstiftend und sie muss sich auszahlen. Ich möchte, dass junge Menschen Freude an der Arbeit haben und es eine Bereicherung ist. Und dass sie wissen: Wer sich anstrengt, der kann sich auch etwas Eigenes schaffen.  Die Linken fantasieren von einer 32-Stunden-Woche, wir hingegen wollen eine Steuerreform für die 5 Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die einen Vollzeitbonus von 1.000 Euro beinhaltet. Zusätzlich wollen wir einführen, dass Überstunden vollständig steuerfrei sind, damit sich mehr arbeiten wieder lohnt.

Leistung ist ein gutes Stichwort: Mir liegt sehr am Herzen, dass wir an einem besseren Image für die Lehre arbeiten. Was können wir dafür noch gemeinsam tun, damit die Lehre nicht der Plan B ist, wenn’s mit der Schule nicht klappt, sondern der Plan A für eine praktische Ausbildung. Was können sich Lehrlinge von dir als Bundeskanzler in einer nächsten Regierung erwarten.

Die Lehre ist kein Plan B, sie ist eine exzellente Fachausbildung, um die uns ganz Europa beneidet. Und eben weil wir das so sehen, haben wir die Gebühren für die Meisterprüfung abgeschafft.  Ohne Lehrlinge und Fachkräfte gäbe es den erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich schlichtweg nicht. Daher steht in meinem Österreichplan unter dem Motto „Harvard“ für Lehrlinge, dass Österreich zu einem internationalen Standort für Berufsausbildungen werden soll. Ziel ist es ausländische Fachkräfte auszubilden und diese auch in Österreich zu behalten, sofern es eine entsprechende betriebliche Nachfrage gibt.

Neben den eigenen vier Wänden ist das Thema Frieden und Sicherheit ein großes für junge Menschen. Jetzt hat man nicht unbedingt ein gutes Bauchgefühl, wenn man die Zeitungen aufschlägt: Wohin gehen wir da. Was kann Österreich als kleines Land in der EU dazu beitragen?

Österreich ist militärisch neutral aber niemals moralisch. Wir verurteilen Terrorismus oder Kriegstreiberei und tragen auch alle Sanktionen gegen Russland umfänglich mit. Denn die Neutralität heißt für uns Brückenbauer zu sein, heißt alles zu tun, um dem Frieden näher zu kommen, heißt für den Dialog einzutreten. Österreich hat eine aktive Rolle in der Welt. Wir haben eine lange Geschichte als Ort des Dialoges: Der Wiener Kongress heißt nicht zufällig so, Chruschtschow und Kennedy, Carter und Breschnew haben einander hier getroffen. Wir sind Sitz zahlreicher internationaler Organisationen, wie der UNO. Wir werden von allen Seiten akzeptiert und respektiert – ob Ost oder West, ob Nord oder Süd. Ich werde nie müde sein, jede auch noch so kleine Chance wahrzunehmen, um die Welt um uns ein Stück friedlicher oder zumindest humaner zu machen.

Bleiben wir vielleicht gleich bei der EU: Wir haben vor ein paar Monaten ja die EU Wahl geschlagen. Bei jungen Wählern bis 29 Jahre ist die ÖVP da auf Platz 1 gelandet. Wie wertest du dieses Ergebnis?

Von jungen Menschen und somit der Zukunft unseres Landes soviel Zuspruch zu bekommen, ist ein gutes Gefühl. Weil es auch zeigt, dass redliche Politik anerkannt wird. Europa ist unser gemeinsames Projekt. Junge Menschen sind mit der EU aufgewachsen, die kennen den Schilling als Währung gar nicht mehr, für sie ist es auch selbstverständlich, frei und ohne Kontrollen durch Europa reisen zu können. Für sie istein „isoliertes“ Österreich gar nicht vorstellbar. Dazu haben wir als Europapartei viel beigetragen und werden dies auch in Zukunft tun. Es heißt aber auch, dass wir nie aufhören dürfen, Europa besser zu machen, daran zu arbeiten, dass sich Europa weiterentwickelt. Bei dieser Wahl haben wir als Volkspartei die Erwartungen übertroffen und ich bin sicher, dass wir das auch bei der Nationalratswahl am 29. September tun. Diesen Spirit jetzt hinauszutragen bis nur Nationalratswahl ist unser gemeinsames Ziel. Wenn wir das gemeinsam tun, dann gewinnen wir.

„Familie ist, wo wir uns zuhause fühlen, die Keimzelle der Gesellschaft. Das ist der Platz, wo Werte vermittelt werden, wo wir Gesellschaft bauen – Respekt, Toleranz und Verständnis.“

Klima- und Umweltschutz ist ein Thema, bei dem gerade junge Menschen sehr treiben. Nun wird uns als ÖVP gerne vorgeworfen, dass uns die Natur zu wenig wert wäre. Wie stehst du zum Klima- und Umweltschutz? Was müssen wir tun?

Klima- und Umweltschutz sind unumstritten. Wir setzen aber auf Klimaschutz mit Hausverstand, der unserem Wirtschaftsstandort hilft und ihn nicht gefährdet. Unsere Bundesregierung hat überdurchschnittlich viel für den Klimaschutz getan. Wir haben das Klimaticket eingeführt, einen Boom bei erneuerbaren Energieträgern geschaffen. Noch nie wurden so viele PV-Anlagen montiert, wie in den letzten Jahren. All diese Maßnahmen zeigen, dass wir den Klimaschutz leben und ernst nehmen.

Dir ist Familie ein ganz wichtiges Anliegen. Warum ist dir das so wichtig und was müssen wir in einer nächsten Regierung gerade für junge Familien in Österreich tun.

Familie ist, wo wir uns zuhause fühlen, die Keimzelle der Gesellschaft. Das ist der Platz, wo Werte vermittelt werden, wo wir Gesellschaft bauen – Respekt, Toleranz und Verständnis. Jeder, der Geschwister hat, weiß, was das in Wirklichkeit bedeutet. Es heißt aber auch, dass wir einen Rahmen schaffen, der das Leben für Familien gut macht. Ich sage ein Beispiel: Die Frage, ob Eltern arbeiten gehen können, darf nicht an mangelnder Kinderbetreuung scheitern. Das geht einfach nicht. Unsere Kinderbetreuung ist gut, aber sie muss noch besser werden. Deshalb investieren wir 4,5 Mrd. Euro in den Ausbau. Nur so schaffen wir echte Wahlfreiheit für Mütter und Väter.

Stichwort nächste Regierung: Du wirst genauso oft wie ich die Frage bekommen, gerade auch auf Social Media, „Ja warum habt’s das denn nicht jetzt schon gemacht?“. Was sind so Punkte, die du extrem wichtig findest, die aber einfach nicht umsetzbar waren?

Eine Koalition wird oft mit einer Ehe verglichen, auch wenn es nicht immer eine Liebesheirat ist. Und in gewisser Weise stimmt das auch, denn Koalition bedeutet Kompromiss. Im Ministerrat herrscht Einstimmigkeit, was bedeutet, dass wir nicht immer alle unsere Vorhaben umsetzen können. Deshalb haben wir den Österreichplan ins Leben gerufen, der die DNA der Volkspartei widerspiegelt. Viele Projekte konnten wir gemeinsam mit den Grünen starten, wie die Kinderbetreuungsoffensive. Doch es gibt noch viele weitere wichtige Vorschläge, die wir gerne umsetzen würden und in die nächste Regierung mitnehmen werden.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Eines meiner ganz großen Hobbys, bei denen ich den Kopf freikriege, ist bekanntlich die Blasmusik. Was ist die Blasmusik von Karl Nehammer?

Blasmusik war leider keine Option für mich, obwohl mir Vereine und ihre Tätigkeiten sehr imponieren. Besonders beeindruckt mich das Ehrenamt, das eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft darstellt. Ehrenamt ist unser gemeinsames großes Thema und ich danke dir für deinen großen Einsatz in diesem Bereich. Im Dezember empfingen wir gemeinsam die Sieger des Leistungsbewerbs der Feuerwehrjugend im Bundeskanzleramt. Es gab eine beeindruckende Leistungsshow vor dem Bundeskanzleramt und die Gruppen haben Pokale und Urkunden von uns bekommen. Deshalb ist das Ehrenamt auch ein wichtiges Thema im Österreichplan. Wir brauchen Zuschüsse und Anreize für Unternehmen, damit sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ehrenamtliche Tätigkeiten freigeben. Außerdem wollen wir keine Toleranz bei Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte und möchten das Strafrecht entsprechend weiterentwickeln. Um deine Frage zu beantworten: Ich gehe gerne boxen. Das ist für mich eine hervorragende Möglichkeit, den Kopf freizubekommen und mich fit zu halten.

Was mir an der Blasmusi so taugt, ist ja das Gemeinsame, also das, was Ehrenamt halt ausmacht. In Österreich sind mehr als die Hälfte der Menschen freiwillig oder ehrenamtlich engagiert. Schon beeindruckend, oder?

Ja dies Zahl beindruckt mich jedes Mal auf Neue, vor allem, weil die ehrenamtliche Arbeit meistens neben dem normalen Job passiert. Unser Land ist ein Land der Gemeinschaft. Ein Land, indem wir aufeinander schauen, uns um den anderen kümmern und nicht wegsehen, wenn jemand Hilfe oder Unterstützung braucht. Für die Menschen in Österreich ist Ehrenamt schlichtweg Ehrensache, es ist Teil unserer DNA. Im Vordergrund des Ehrenamtes und der Freiwilligenarbeit steht „das Wir“ und nicht „das Ich“ und so sehe ich auch meine Rolle als Bundeskanzler. An dieser Stelle möchte ich mich nochmals ausdrücklich bei allen bedanken, die sich ehrenamtlich engagieren. Das, was ihr leistet, ist keine Selbstverständlichkeit und gehört vor den Vorhang!

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